Albatross: Ein neues Auge über dem zentralen Mittelmeer
SOS MEDITERRANEE erweitert in Zusammenarbeit mit der Humanitarian Pilots Initiative (HPI) ihre Einsätze um eine Luftaufklärungsmission. Die ersten Aufklärungsflüge der Albatross-Mission werden im November 2025 beginnen. Die Mission hat zum Ziel, Boote in Seenot zu sichten und Verstöße gegen das Seerecht und das humanitäre Völkerrecht im zentralen Mittelmeer zu dokumentieren.
Albatross: Ein neues Auge über dem zentralen Mittelmeer
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SOS MEDITERRANEE erweitert in Zusammenarbeit mit der Humanitarian Pilots Initiative (HPI) ihre Einsätze um eine Luftaufklärungsmission. Die ersten Aufklärungsflüge der Albatross-Mission werden im November 2025 beginnen. Die Mission hat zum Ziel, Boote in Seenot zu sichten und Verstöße gegen das Seerecht und das humanitäre Völkerrecht im zentralen Mittelmeer zu dokumentieren.
SOS MEDITERRANEE bereitet Start ihrer ersten Luftaufklärungsmission vor
Im Rahmen der im November anlaufenden Testphase werden die Teams an Bord der Albatross sowie an Land zunächst die Implementierung der operativen Abläufe und technischen Kapazitäten festigen. Der reguläre Flugbetrieb soll Anfang 2026 beginnen.
Das Team an Bord der Albatross wird aus drei Besatzungsmitgliedern bestehen, die von einem Bodenteam unterstützt werden. SOS MEDITERRANEE wird die operative Koordination übernehmen. HPI, eine in der Schweiz ansässige NGO, die auf humanitäre Lufteinsätze spezialisiert ist, wird die aeronautischen Aspekte der Mission verwalten. HPI bringt umfassende Erfahrungen mit zivilen Aufklärungsflügen über dem zentralen Mittelmeer mit.
„Nach fast zehn Jahren Einsatz in diesem Seegebiet wissen wir, wie wichtig die Unterstützung aus der Luft ist“, erklärt Soazic Dupuy, Einsatzleiterin bei SOS MEDITERRANEE.
„Mit der Albatross schließen wir uns anderen zivilen Luftaufklärungsflugzeugen wie Seabird und Colibri an, um sicherzustellen, dass die humanitäre Situation im zentralen Mittelmeerraum nicht unbeobachtet bleibt. Die staatliche Koordinierung von Rettungseinsätzen wurde fast vollständig eingestellt. Die von den italienischen Behörden an uns weitergeleiteten Notrufe sind von über 50 % in den Jahren 2016–2017 auf knapp 1 % in den letzten Jahren zurückgegangen. Flugzeuge von NGOs und zivilgesellschaftlichen Netzwerken wie Alarm Phone sind für die Ortung von Booten in Seenot daher unverzichtbar geworden. Ein einziges Flugzeug kann einen riesigen Meeresabschnitt abdecken und zudem humanitäre Rechtsverstöße dokumentieren, die sonst unsichtbar blieben“, fügt sie hinzu.
Im Jahr 2024 waren zivile Aufklärungsflugzeuge durchschnittlich nur noch 15 Tage pro Monat im Einsatz, was einem Rückgang von 15 % gegenüber 2023 entspricht. Im Jahr 2025 mussten zivile Flugzeuge aufgrund administrativer Beschränkungen oder fehlender finanzieller Mittel ihre Einsätze einstellen, wodurch die Präsenz humanitärer Akteur*innen im zentralen Mittelmeer weiter reduziert wurde.
„Männer, Frauen und Kinder werden heute aus politischen und ideologischen Gründen auf See sich selbst überlassen. Jeder unserer Aufklärungsflüge kann etwas bewirken, denn sie sammeln Beweise, identifizieren Verantwortliche und können so schutzbedürftige Menschen vor Verletzungen ihrer Grundrechte schützen. Deshalb fliegen wir. Und deshalb ist die Partnerschaft mit SOS MEDITERRANEE das Richtige“, erklärt Omar El Manfalouty, CEO der Humanitarian Pilots Initiative.

Eine neue unabhängige Beobachterin, die Menschenrechtsverletzungen im zentralen Mittelmeerraum dokumentiert.
Im Sommer 2025 griff die von der EU finanzierte, libysche Küstenwache in internationalen Gewässern die Ocean Viking an und brachte damit Überlebende und Besatzung in Lebensgefahr. Nur wenige Wochen später wurde auch das Rettungsschiff Sea Watch 5 beschossen. Diese Vorfälle sind Teil eines umfassenderen, alarmierenden Musters von Angriffen und Rechtsverstößen gegen Menschen in Seenot, zu denen auch gewaltsame, illegale Rückführungen und die Verweigerung von Rettungsmaßnahmen gehören. Sie verdeutlichen die gefährlichen Bedingungen, unter denen zivile Rettungsorganisationen arbeiten, und die dringende Notwendigkeit einer unabhängigen Beobachtung und Dokumentation.
„Während sich Staaten ihrer Verpflichtung entziehen, Menschen in Not unverzüglich zu retten, wird unsere neue Luftaufklärungsmission dazu beitragen, die Vorgänge auf See zu dokumentieren und Regierungen zur Rechenschaft zu ziehen“, sagt Soazic Dupuy.
Die derzeitige Finanzierung deckt nur die ersten Monate der Mission ab. Um weitermachen zu können, benötigen wir öffentliche Unterstützung. Jeder Beitrag hilft uns, weiter als ziviles Auge über dem zentralen Mittelmeer aktiv zu bleiben.
In einem Kontext, in dem europäische und italienische Behörden zunehmend restriktive Maßnahmen gegen zivile Seenotrettungsorganisationen ergreifen, schrumpft der Spielraum für humanitäre Hilfe kontinuierlich. Diese Politik trägt direkt zur anhaltenden Tragödie des Massensterbens im zentralen Mittelmeer bei. Die Albatross ist mehr als nur ein Flugzeug – sie ist eine Zeugin und ein Ruf nach Rechenschaft.
Über die Humanitarian Pilots Initiative Foundation (HPI)
Die Mission der Humanitarian Pilots Initiative Foundation (HPI) ist es, mit Hilfe der zivilen Luftfahrt Menschen in Not schnell und direkt zu helfen. In Zusammenarbeit mit Sea-Watch führt HPI seit 2016 regelmäßig Aufklärungsflüge über dem zentralen Mittelmeer durch, um Boote in Not zu entdecken und sie an Rettungsorganisationen zu melden. Durch diese Missionen konnten bisher mehr als 54.000 Menschen in Seenot ausfindig gemacht werden.
Darüber hinaus hat die Organisation das innovative Super Versatile Airdrop System (SVAS) entwickelt, das die präzise Lieferung humanitärer Güter in abgelegene Gebiete ermöglicht.
HPI wurde 2015 von einer Gruppe von Freund*innen in der Schweiz gegründet und hat sich seitdem zu einer professionellen humanitären Organisation mit mehr als 40 engagierten Freiwilligen entwickelt.
Mehr Informationen zu HPI: www.hpi.swiss
Credits Titelbild: Stas Muravev
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