"Rettungsgeräte, Schwimmringe, Krankentragen - von Kugeln durchsiebt."
Patrick, Mitglied des Such- und Rettungsteams berichtet vom bewaffneten Angriff der libyschen Küstenwache auf die Ocean Viking am 24. August.
"Rettungsgeräte, Schwimmringe, Krankentragen - von Kugeln durchsiebt."
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Patrick, Mitglied des Such- und Rettungsteams berichtet vom bewaffneten Angriff der libyschen Küstenwache auf die Ocean Viking am 24. August.
Patrick, Mitglied des Such- und Rettungsteams über den Angriff auf die Ocean Viking
Ich kann mich nicht erinnern, ob ich zuerst den Funkspruch hörte oder die Schüsse. Zuerst waren es nur einzelne Schüsse, dann plötzlich Salven – wie aus einem Maschinengewehr.
Sicherheitsstufe 2 wurde ausgerufen: Wenn möglich, sollten sich alle Crewmitglieder in den Aufenthaltsraum im Inneren zurückziehen. Dazu hätten wir aber über das offene Deck laufen müssen und daher meldeten wir über Funk, dass wir in unserer Kabine bleiben würden – dem Blue Container* auf dem Oberdeck, getrennt vom Schiffsaufbau.
Ich weiß noch, dass ich sagte: ‚Zumindest schießen sie nicht direkt auf das Schiff.‘ In diesem Moment hörte ich die Einschläge der Kugeln.
AJ stellte sein Handy an die Fensterkante, damit wir über die Kamera nach draußen sehen konnten, während wir am Boden liegen blieben. Das libysche Boot war direkt an unserer Backbordseite, bewaffnet – und feuerte.
Dann wurde Sicherheitsstufe 3 ausgerufen. In der Stimme unseres SAR-Koordinators hörte ich die Panik. Später erfuhr ich, dass auch die Brücke direkt unter Beschuss stand. Wir meldeten, dass wir es noch nicht in die Zitadelle geschafft hatten und weiter im Container ausharrten. Wir wurden mit Nachdruck gedrängt, irgendwie dorthin zu fliehen – es wurde befürchtet, dass es zu einem gewaltsamen Boarding und noch schlimmerer Gewalt kommen könnte.
Schließlich erreichten wir die Zitadelle. Nicht alle, aber die meisten der Crew hatten sich dort gesammelt. Nach einiger Zeit wurden die Sicherheitsstufen wieder zurückgesetzt – erst auf 2, dann 1 – bis die Lage sich entspannt hatte.
Später sah ich die Schäden: Rettungsgeräte, Schwimmringe, Krankentragen – von Kugeln durchsiebt.
Besonders traf mich der Anblick eines unserer Schnellboote. Drei Jahre habe ich mit diesem Boot gearbeitet, habe gesehen, wie es unzählige Leben gerettet hat. Jetzt stand es da – an die Bordwand gelehnt, zerschossen, entlüftet, schlaff. Für mich war das ein herzzerreißender Anblick.
* Unterkunft der Crew außerhalb der festen Schiffsstruktur
Foto Credits: Claire Juchat / SOS MEDITERRANEE
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"In diesem Moment hörten wir Schüsse."

"...Doch vor allem hatten sie versucht, uns zu töten."
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