"Es ist so gefährlich…“
Mohamed* wurde am 27. Januar 2025 in der maltesischen Such- und Rettungsregion aus Seenot evakuiert. Bei dem Rettungseinsatz wurden insgesamt 93 Menschen aus zwei verschiedenen Booten gerettet. Mohamed sprach nach seiner Rettung mit unserem Team an Bord der Ocean Viking über seine Fluchtgeschichte.
"Es ist so gefährlich…“
Mohamed*
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Rettungsdatum
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Mohamed* wurde am 27. Januar 2025 in der maltesischen Such- und Rettungsregion aus Seenot evakuiert. Bei dem Rettungseinsatz wurden insgesamt 93 Menschen aus zwei verschiedenen Booten gerettet. Mohamed sprach nach seiner Rettung mit unserem Team an Bord der Ocean Viking über seine Fluchtgeschichte.
Mohamed* wurde am 27. Januar 2025 in der maltesischen Such- und Rettungsregion aus Seenot evakuiert. Bei dem Rettungseinsatz wurden insgesamt 93 Menschen aus zwei verschiedenen Booten gerettet. Die Rettung erfolgte nach einem Mayday-Relay von Frontex und einem Notruf von Alarm Phone.
In derselben Nacht wurde unser Team mit einer kritischen Situation konfrontiert, als das Herz eines 7-jährigen Kindes nach der Rettung aufhörte zu schlagen. Sie wurde zusammen mit ihrer Mutter und ihrer Schwester per Hubschrauber nach Malta evakuiert. Doch das Team der Ocean Viking erhielt später die erschütternde Nachricht, dass das Mädchen nicht überlebte.
Mohamed sprach nach seiner Rettung mit unserem Team an Bord der Ocean Viking über seine Fluchtgeschichte:

"Ich bin 20 Jahre alt und komme aus dem Libanon. Ich komme aus Saida, aber ich habe in Joun gelebt.
Ich liebe es, zu lernen. Ich bin zur Schule gegangen und habe dort Französisch gelernt. Danach habe ich drei Jahre lang Maschinenbau studiert. Mein Vater hat auch als Mechaniker gearbeitet. Ich möchte arbeiten, aber es gibt keine Arbeit im Libanon. Die meisten Leute haben keine Arbeit. Die Universität kostet 7000 Dollar und danach muss ein*e Student*in oft zwei Jahre lang auf eine Anstellung warten. Mein Cousin hat sein Studium sogar vor fünf Jahren abgeschlossen und hat immer noch keine Arbeit gefunden. Ich möchte weiter studieren, und ich möchte in einem sicheren Land leben. Ich bin auch Schwimmer. Als ich vier Jahre alt war, meldeten mich meine Eltern in einem Schwimmverein an. Mit 16 Jahren habe ich einen Wettkampf bei den nationalen Meisterschaften im Libanon gewonnen. Mit 17 Jahren machte ich eine Ausbildung zum Schwimmtrainer.
Viele Menschen haben zu Hause ein Familienmitglied verloren, ihre Mutter oder ihren Bruder. Ich habe einen Freund verloren. Israel hat den gesamten Libanon bombardiert. Sie haben mein Dorf bombardiert. In meinem Dorf Joun starben 27 Menschen, die sich in zwei Häusern befanden. Ich saß in einem Auto, als eine Bombe 20 Meter hinter mir einschlug. Jede*r wird bombardiert. Man kann nicht mehr an die Universität gehen, es ist zu gefährlich. Ich habe zwei Semester verloren, weil ich zu Hause bleiben musste. Ich kann nichts machen. Auch mein Vater kann wegen der Bomben nicht mehr arbeiten. Die Leute sagen, dass der Libanon sich wieder erholen wird, aber ich glaube nicht, dass es ein sicheres Land ist.
Ich habe meine Frau im Libanon kennen gelernt, aber sie lebt schon seit 17 Jahren in Norwegen. Wir haben uns vor drei Monaten verlobt. Aber ich möchte nicht am Telefon heiraten. Wir werden in Norwegen heiraten. Seit einem Jahr ist sie wegen des Krieges nicht mehr in den Libanon zurückgekehrt. Es ist unfair, aus der Ferne zu heiraten. Ich habe bei der Botschaft einen Antrag gestellt, aber als ich mich bewarb, begann Israel den Libanon zu bombardieren und die Botschaft wurde geschlossen. Ich möchte einfach in einem guten Land arbeiten und leben.

Ich bin nach Libyen geflogen, weil es einfach ist, mit dem Flugzeug dorthin zu kommen. Ich wusste nicht, dass es so gefährlich sein würde. Es gibt dort keine Menschlichkeit. Ich blieb dort zweieinhalb Monate. Es gab dort eine Menge Viren und Krätze. Sie gaben uns nichts zu essen und wir mussten Toilettenwasser trinken. Sie kochen das Wasser ab, um es zu reinigen. So habe ich es dann auch machen müssen, ich habe es abgekocht und gewartet bis es kalt war, dann habe ich es getrunken. Wir haben nur Dosen-Thunfisch gegessen. Ich habe 13 000 Dollar bezahlt. Ich dachte, ich würde in einem guten Boot reisen. Im Libanon sagten mir die Schmuggler, sie würden mir ein gutes Boot zur Verfügung stellen, aber am Ende war es das überhaupt nicht.
Im Libanon kann man sterben, aber auch auf dem Boot kann man sterben.
Als der Krieg begann, fragten mich viele Leute, ob ich das Land verlassen wolle. Wenn ich gewusst hätte, wie es sein würde, wäre ich nicht gegangen.
In Norwegen werde ich als erstes die Sprache lernen, dann weiter studieren und meinen Abschluss machen. Ich habe mich bei der Alpha-Schule beworben, einer Sprachschule in Norwegen. Meine Frau spricht Norwegisch, und es wird mir leichtfallen an ihrer Seite die Sprache zu lernen.
Als wir Libyen verließen, mussten wir zweimal das Boot wechseln, da der Motor immer wieder ausfiel. Wir sind von Zawiya aus losgefahren. Der Schmuggler sagte uns, dass es das beste Boot sei. Es waren auch zwei Kinder und drei Frauen an Bord. Es war sehr gefährlich. Eines der beiden Kinder war ein kleines Mädchen. Es starb bei der Überfahrt. Das Mädchen saß während der ganzen Fahrt neben mir und wir haben uns unterhalten. Es ist so gefährlich... (Mohamed beginnt zu weinen). Wir haben mindestens zweieinhalb Stunden auf Hilfe gewartet, bevor die Ocean Viking eintraf. Dieses kleine Mädchen war so süß...
Der Bericht von Mohamed wurde von Lucille Guenier verschriftlicht.
*Der Name wurde zum Schutz geändert
Foto Credits: Charles Thiefaine / SOS MEDITERRANEE
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