„Ich war fünf Jahre lang in Libyen und war zwei Jahre lang inhaftiert."
Syed* aus Pakistan wurde am 26. April 2025 aus einem Glasfaserboot in Seenot gerettet. Seine Rettung markierte das Ende von fünf Jahren, die er in Libyen verbrachte. Zwei dieser Jahre war Syed* inhaftiert und konnte mit niemandem sprechen.
„Ich war fünf Jahre lang in Libyen und war zwei Jahre lang inhaftiert."
Syed*
Heimatland
Rettungsdatum
Alter


Syed* aus Pakistan wurde am 26. April 2025 aus einem Glasfaserboot in Seenot gerettet. Seine Rettung markierte das Ende von fünf Jahren, die er in Libyen verbrachte. Zwei dieser Jahre war Syed* inhaftiert und konnte mit niemandem sprechen.
TRIGGERWARNUNG: Der folgende Text enthält Schilderungen von Folter und sexualisierter Gewalt.
Syed* aus Pakistan wurde am 26. April 2025 aus einem Glasfaserboot in Seenot gerettet. Seine Rettung markierte das Ende von fünf Jahren, die er in Libyen verbrachte. Zwei dieser Jahre war Syed* inhaftiert und konnte mit niemandem sprechen. Da er kein Geld hatte, um sich freizukaufen, musste er Folter und sexualisierte Gewalt erdulden. Auch wenn er schließlich an Bord der Ocean Viking Sicherheit fand und wieder ruhig schlafen konnte, weiß er, dass diese traumatischen Ereignisse seine psychische Gesundheit noch lange beeinträchtigen werden.
„Ich war fünf Jahre lang in Libyen und war zwei Jahre lang inhaftiert. Mein Leben dort war sehr schwer.
Die Libyer wollen nur Dollar, und alle dort sind in der Mafia. Ich hatte kein Geld, um sie zu bezahlen, also verbrachte ich eine lange Zeit im Gefängnis. Hätte ich Geld gehabt, hätte ich innerhalb von zwei Tagen freikommen können. Aber ich hatte kein Geld. Meine Situation in Pakistan war auch nicht gut, und meine Eltern konnten nicht für mich bezahlen.
Ich kann meine Zeit dort wirklich nicht beschreiben. Wenn ich darüber spreche, muss ich vielleicht weinen. Ich kann es nicht glauben.
Jemand hat mich geschlagen [als ich im Gefängnis war]. Wenn ich dir meinen Körper zeige, du wirst es nicht glauben. Er hat mich immer wegen Geld geschlagen, aber ich hatte kein Geld, nicht einmal einen Dollar, und er verlangte 10.000 Dollar.
Nach zwei Tagen gab er mir Brot, aber kein Wasser, und es gab keine Toilette. Ich war allein. Um mich herum gab es nur Pferde und Ziegen, ich war allein. Zwei Jahre lang habe ich mit niemandem gesprochen.
Er kam alle zwei Tage, manchmal alle fünf Tage, um mir Brot zu geben, und das war alles.
Er sagte: 'Ich will Geld, gib mir die Nummer deines Vaters, deiner Mutter, deiner Schwester.' Ich sagte, dass ich keine Familie habe, weil ich wusste, dass er meiner Mutter Videos schicken würde und sie vor Stress sterben könnte.
Dafür musste ich meinen Körper verkaufen, sexuell, wenn du verstehst, was ich meine. Ich bin ein großer Mann, aber dort konnte ich nichts tun. Er hat mich jeden Tag bestraft. Ich kann es nicht beschreiben, tut mir leid, aber das ist schwierig für mich. Ich möchte mich nicht an diese Zeit meines Lebens erinnern. Ich möchte alle davor warnen hierher zu kommen, denn illegal auf der Straße zu leben ist nicht gut. Man riskiert sein Leben. Und ich kann das sagen, weil ich fünf Jahre lang in Libyen war und Libyen sehr gut kenne. Sie sagen: 'Wenn du nicht zahlst, bringe ich dich um', und ich glaube, dass sie mich wirklich hätten umbringen können.
Ich bin erschüttert, denn ich habe in Libyen zu viele Probleme gesehen. Ich schwöre, mir geht es innerlich wirklich nicht gut. Letzte Nacht wollte mein Verstand einfach nicht akzeptieren, dass ich mich auf dem Weg nach Italien befinde. Ich dachte immer noch: 'Nein, nein, ich bin in Libyen'. Aber schließlich habe ich nach drei Jahren gut geschlafen, ohne Angst, ohne Stress. Erst letzte Nacht [an Bord], nach drei Jahren.
Ich brauche Hilfe. Ich möchte, dass jemand mir zuhört und versteht, dass diese Situation nicht gut für mein Leben ist.
Ich brauche einen Psychologen, der sich mit mir zusammensetzt. Ich möchte mit ihm über meine Situation sprechen, vielleicht kann er mir helfen. Vielleicht kann ich dadurch heilen. Wenn man ein Leben hat, kann man alles erreichen. Aber wenn man kein Leben hat, hat man nichts, keine Zukunft.
Ich glaube, ich bin ein starker Mann, denn jemand anderes wäre vielleicht in dieser Situation gestorben. Man kann nicht zwei Jahre lang in einem Raum ohne Bett und ohne Waschraum leben. Nicht zwei Tage, sondern zwei Jahre. Manchmal habe ich fünf oder sechs Tage lang nichts gegessen, er hat mir kein Wasser gegeben, nichts. Es war gefährlich für mich, aber mein Gott hat mir geholfen, und heute bin ich hier. Ich weiß, dass ich noch Zeit brauche, aber ich kann alles schaffen. Ich kann die Sprache in Europa lernen, ich möchte arbeiten, ich möchte ein gutes Leben für mich und meine Familie haben. Das ist alles. Ich kann in Restaurants arbeiten, in Cafés, im Sicherheitsdienst, ich kann alles machen. Ich habe Kraft, ich bin ein starker Mann, Gott sei Dank. Gott hat mir viel Kraft gegeben.
Ich bin 35 Jahre alt, aber wenn man mich ansieht, denkt man, ich sei ein 200 Jahre alter Mann. Aber ich bin ein junger Mann. Das ist alles in Libyen passiert.
Ich habe gehört, dass diese Route gut ist, also bin ich gekommen. Aber ich wusste nichts darüber. Es ist sehr gefährlich. Ich möchte alle aus Pakistan davor warnen, diesen Weg zu gehen. Es ist weder für dich selbst noch für deine Familie gut. Du kannst dir nicht vorstellen, wie gefährlich es ist. Ich bitte alle Menschen, wirklich, niemand sollte hierherkommen. Dieser Weg ist nicht gut, er ist nur gefährlich.
*Der Name wurde zum Schutz des Überlebenden geändert.
Das Gespräch wurde von Fellipe Lopes aufgenommen und verschriftlicht.
Titelbild Credits: Javier Alvarez / SOS MEDITERRANEE
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