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Stefano, Fotograf an Bord der Ocean Viking

6
November
2023

Im August 2023 rettete die Ocean Viking mehrere Boote aus Seenot, welche von Tunesien aus aufgebrochen waren. Die meisten dieser Boote waren aus Metall gefertigt. Stefano, Fotograf an Bord der Ocean Viking in diesem Sommer, wurde Zeuge, wie eines dieser Boote zu sinken drohte.

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Stefano, Fotograf an Bord der Ocean Viking

6
November
2023

Heimatland

Rettungsdatum

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Im August 2023 rettete die Ocean Viking mehrere Boote aus Seenot, welche von Tunesien aus aufgebrochen waren. Die meisten dieser Boote waren aus Metall gefertigt. Stefano, Fotograf an Bord der Ocean Viking in diesem Sommer, wurde Zeuge, wie eines dieser Boote zu sinken drohte.

Im August 2023 rettete die Ocean Viking mehrere Boote aus Seenot, welche von Tunesien aus aufgebrochen waren. Die meisten dieser Boote waren aus Metall gefertigt. Stefano, Fotograf an Bord der Ocean Viking in diesem Sommer, wurde Zeuge, wie eines dieser Boote zu sinken drohte. Er berichtet, wie Frauen, Kinder und Männer vor seinen Augen zwischen Leben und Tod gefangen waren.  

Der Abstand zwischen Bordkante und dem Wasser betrug nicht mehr als 10 cm.
Als ich das Metallboot aus der Ferne erblickte, sahen die Menschen an Bord aus, als würden sie auf dem Wasser sitzen. Selbst bei flachem Seegang nahm das Schiff bei fast jeder noch so kleinen Welle Wasser auf.  
Wir entdeckten diese Menschen mitten im tunesischen Meereskorridor, meilenweit von der Küste entfernt in internationalen Gewässern. Ich hatte keine Ahnung, wie sie es geschafft hatten, auf diesem rostigen, schaukelnden Stück Metall mitten aufs Meer zu gelangen. Ich konnte beobachten, wie sie sich bewegten, wie sie aufstanden, wie sie die Hände hoben und wie sie endlich Erleichterung verspürten, als sie realisierten, dass wir zur Rettung nahten. Aber wegen der Aufregung and Bord waren wir nicht sicher, ob es nicht sofort kentern würde.
Als unser Schnellboot damit begann, Rettungswesten zu verteilen, waren wir die einzigen, die wussten, dass sie noch nicht in Sicherheit waren. Das Boot schaukelte immer noch von einer Seite zur anderen und nahm bei jeder kleinsten Bewegung Wasser auf, wodurch die Menschen jedes Mal näher an die Wasseroberfläche gedrückt wurden. Irgendwann stand eine Frau auf und fiel auf der Steuerbordseite des Bootes ins Wasser.  
Ich wusste, dass dies das Ende hätte sein können. Wäre das Schiff gekentert, wären viele Menschen mitgerissen worden, ohne die geringste Chance das zu überleben. Das Boot neigte sich sehr stark in Richtung Steuerbord und Sekundenbruchteile fühlte sich wie Stunden an. Ich habe immer noch keine Ahnung, wie sie es geschafft haben, nicht zu kentern. Der Rumpf kippte mehrmals, bevor er endlich stabilisiert werden konnte.
Menschen auf dem Meer in diesen seeuntauglichen Booten zu sehen, hat mir im wahrsten Sinne des Wortes die Augen geöffnet und ich begann zu verstehen, welchen schrecklichen Lebensbedingungen diese Menschen ausgesetzt waren, bevor sie überhaupt beschlossen die lebensgefährliche Reise über das Mittelmeer anzutreten.
Ich wusste von dem Menschenhandel in der Sahararegion, dem Rassismus, dem Schwarze Menschen in Nordafrika ausgesetzt sind und den Folterungen, die sie häufig erleben müssen. Ich habe nur einen kleinen Teil ihrer Reise persönlich miterlebt und es fällt mir schwer, angesichts dieser tragischen Ereignisse zuzusehen. Wir sind nur privilegierte Beobachter, und selbst wenn wir unser Bestes tun, um zu helfen und Solidarität mit den Menschen zu zeigen, die fliehen, sind wir nicht die Hauptpersonen der Geschichte. Die gesamte Erfahrung, angefangen bei den Ursachen, weshalb die Menschen ihre Heimat verlassen mussten, bis hin zu den Diskriminierungen, mit denen sie in Europa konfrontiert sein werden, ist etwas, das vermutlich unmöglich zu begreifen ist. Diese ganze Erfahrung zu überleben, kann eine Belastung sein, die sie für immer mit sich tragen werden.

Fotocredits: Stefano Belacchi / SOS MEDITERRANEE

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